Seit Februar 2018 fordert das deutsche Bundesland Bremen aktiv die „Deutsche Fußball Liga“ (DFL) dazu auf, sich finanziell an anfallenden Kosten für die Sicherung sogenannter „Hochrisikospiele“ zu beteiligen. Da allerdings keine einheitliche Definition für diesen Begriff festgesetzt ist, unterscheiden sich die Einschätzungen von Vereinen, Bundesländern und Polizei bezüglich dieser Begriffsbildung massiv. Deshalb ist ein Rechtsstreit zwischen dem Bundesland Bremen und der „Deutschen Fußball Liga“ bezüglich der Kostenübernahme für Polizeieinsätze im Rahmen von „Risikospielen“ entbrannt.
Definition für Risikospiele existiert nicht
Im Februar hatte das Oberverwaltungsgericht Bremen entschieden, dass die DFL sich verbindlich an den Kosten für „Hochrisikospiele“ zu beteiligen hat. Deshalb seien die in diesem Kontext entstehenden Ausgaben, laut OVG Bremen, von beiden Parteien zu tragen. Bisher waren ausschließlich die Länder für die Tilgung der Auslagen zuständig.
Mitte März reichte die „DFL“ als Reaktion auf diese Rechtsprechung Revision gegen das Urteil ein.
Auslöser für die derzeitige Auseinandersetzung ist das am 19. April ausgetragene „Nordderby“ zwischen dem HSV und Werder Bremen. Im Rahmen dieses vermeintlichen „Hochrisikospiels“ waren zur Sicherung 969 Polizisten im Einsatz. Hierbei fielen 9537 Arbeitsstunden an.
Demgegenüber sind während eines „normales Bundesligaspiels“ in Bremen lediglich 200 bis 250 Beamte tätig, um eine anhaltende Sicherheit in dem Stadion und dem gesamten Stadtgebiet zu garantieren.
Deshalb verursachte die Begegnung in Relation zu „gewöhnlichen Spielen“ eine Mehrkostensteigerung der Sicherungskosten um rund 400 %. Aufgrund dessen fordert Bremen auf Berufung des Urteils, per Gebührenbescheid 425718 Euro von der DFL. Zusätzlich erstellte das Bundesland für 5 weitere Partien Gebührenbescheide.
Schwammige Definition – die Risikospiele
Wegen der fehlenden Definition eines „Risikospiels“ haben sich sowohl in der Presse als auch bei der Polizei, der Politik und dem DFB unterschiedliche Bezeichnungen für derartige Begegnungen etabliert. Während die Polizei diese Partien als „Spiele mit erhöhtem Risiko“ oder „Hochrisikospiel“ klassifiziert, nutzt beispielsweise der Bremer Innensenator die Begriffe „Hochrisikospiel, Rotspiele“ bzw. „Spiele der Kategorie Rot“. Selbige Titulierungen verwendet die Presse.
Im Gegensatz dazu nimmt der DFB eine Untergliederung in normale Partien, Spiele, die unter Beobachtung stattfinden sowie Spielen mit denen ein erhöhtes Risiko verknüpft ist, vor.
Keine genaue statistische Erfassung der „Spiele mit erhöhtem Risiko“
Im Rahmen von Sportveranstaltungen übernimmt die ZIS die Koordination der einzelnen Polizeibehörden. Die ZIS ist die „Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze“. Zusätzlich sorgt die ZIS für den Informationsaustausch zwischen den einzelnen Einheiten bzw. Behörden. Die Stelle gehört dem „Landesamt für polizeiliche Dienste in Nordrhein – Westfalen“ an.
Laut der Behörde ist ausschließlich die Bezeichnung „Spiele mit erhöhtem Risiko“ ein polizeilich festgesetzter Fach- bzw. Rechtsbegriff. Diese Definition orientiert sich an der offiziellen Spielordnung des DFB.
Die ZIS ist bundesweit zuständig. Die von der Stelle erfassten Daten und deren anschließende Analyse, soll eine Einstufung des Gefahrenpotentials der einzelnen Spiele unter Berücksichtigung von Heim- und Gästefans ermöglichen. Demnach dient die Auswertung der Stelle zusätzlich dazu, erwartende Besucherkonzentrationen vorherzusagen. Auf Basis der Analyse wird beispielsweise eine Prognose erstellt, wie viele gewaltbereite und gewaltaffine Fans zu den jeweiligen Spielen zu erwarten sind.
Die Jahresberichte der ZIS dokumentieren zudem die Arbeitsstunden aller Polizeikräfte der ersten -, zweiten-, dritten- und vierten Bundesliga. Eine Aufschlüsselung der Daten in separate Kategorien existiert in der Statistik nicht.
DFB klassifiziert primär gemäß Erfahrungswerten
Gemäß den Einschätzungen renommierter Kriminologen basiert die Einordnung der einzelnen Begegnungen durch den DFB primär auf Erfahrungswerten.
Aufgrund dessen stuft der DFB ausschließlich Partien als „Spiele mit erhöhtem Risiko“ ein, die eine hohe Rivalität zwischen beiden Vereinen, eine stark aufgeladene emotionale Atmosphäre und auffällige Vorfälle in vorangegangenen Spielen erkennen lassen. Zusätzlich gilt ein hoher Anteil an gewaltaffinen Fans als Indikator für ein risikoreiches Spiel.
Der DFB unterhält generell keine Statistik, die Informationen über die exakte Anzahl der „Hochsicherheitsspiele“ zulassen.
Streit um Verwendung des Begriffes „Hochrisikospiel“
Laut Angaben des DFB ist dies darauf zurückzuführen, dass die Polizei den Begriff „Hochrisikospiel“ nutze, nicht der DFB. Daher setze die Polizei vermeintlich die Definition des Begriffes fest, und stimme ihre Einsatzkräfte analog zu dieser Einschätzung ab. Somit lägen den DFB keine diesbezüglichen Daten für „Hochrisikospiele“ vor.
Demgegenüber beruft sich die ZIS darauf, dass die Bezeichnung nicht Gegenstand der Polizei- Sprache sei, obwohl tatsächlich aber in zahlreichen Pressemitteilungen der Polizei anhaltend von sogenannten „Hochrisikospielen“ die Rede ist.
Nach Aussagen der ZIS legt ausschließlich die DFL die verbindlichen Kriterien für die Einschätzung der Spiele fest. Daher können sowohl die ZIS als auch der DFB keine relevanten Statistiken vorlegen.
Kriminologen sehen eindeutig die ZIS in der Pflicht ihre Daten entsprechend zu analysieren. Zudem schenken die Experten den Aussagen der ZIS keinen Glauben, keine entsprechenden Statistiken zu besitzen.
Die Diskussion ist laut Einschätzungen der Kriminologen als Indikator für die mangelhaften Vorgaben der Politik zu verstehen. Somit ebne die Politik durch dieses nachlässige Verhalten die aktuelle intransparenten Situation.
DFL veröffentlicht Zahlen für die Saison 2016 / 2017
Allerdings veröffentlichte die DFL jüngst die ihr zur Verfügung stehenden Zahlen für die Saison 2016/ 2017 für „Spiele mit erhöhtem Risiko“. Nach Angaben des Pressesprechers wurden in der entsprechenden Saison in der ersten Liga 24 „Spiele mit erhöhtem Risiko“ ausgetragen. Zusätzlich fanden 34 dieser Begegnungen in der zweiten Liga sowie 51 Partien in der dritten Liga statt.
Auffallend ist die hohe Konzentration dieser Spiele in der dritten Liga. Allerdings erlaubt die Statistik keine Rückschlüsse darüber auf welche Vereine sich die Spiele exakt verteilen.